Im ersten Teil der Session gab Peter Gautschi einen kurzen Einblick in die App „Fliehen vor dem Holocaust“. Sie ermöglicht Jugendlichen im Rahmen des Unterrichts und ausserhalb eine individuelle Begegnung mit fünf Personen, die vor ihrer Ermordung während des Holocaust fliehen mussten. Per Film werden in der App zuerst die gewählte Fluchtgeschichte sowie die Zeit vorher und nachher dargestellt. Danach erhalten die Nutzer*innen eine Auswahl an historischen Dokumenten, die sie entlang von Aufgaben mit der Erzählung in Verbindung bringen. So werden sie von Zuhörer*innen zu Erzähler*innen. Diese Unterlagen sowie die entwickelten Produkte der Jugendlichen werden fortlaufend in einem individuellen PDF-Dokument, das ihr Zeitzeugnis wird, gesammelt. Das PDF-Dokument stellen die Jugendlichen mit einer Begleitmail einer Drittperson, sich selbst und, im Schulunterricht, der Lehrperson zu. (Vgl. dazu auch den Beitrag auf nau).

Im zweiten Teil analysierte Peter Gautschi die App entlang von ausgewählten Merkmalen von Gamification: Games …

- machen Spass und Freude,

- bieten einen tieferen Sinn an,

- ermöglichen das Eintauchen in eine andere Welt,

- bewirken Emotionen,

- geben Handlungsoptionen und Gestaltungsmacht, 

- zeigen den Stand des Fortschritts,

- geben unmittelbare Rückmeldungen,

- ermöglichen ein Miteinander,

- belohnen für die Erfüllung der Herausforderungen.

Im dritten Teil kam es zu intensiven Diskussionen bei der Frage, ob man Aspekte des Themas Holocaust überhaupt «spielen» dürfe. Die einen sagten klar, laut und deutlich: «Mit dem Holocaust spielt man nicht!» Anderen war der begriffliche Unterschied zwischen «game» als zielgerichtetes und «play» als freies Spiel wichtig. Wieder andere argumentierten, dass das Gamen mit dem Holocaust ja sowieso geschehe. Es sei gerade deshalb wichtig, Gamification bei heiklen Themen verantwortungsvoll und redlich umzusetzen, wie dies beispielsweise bei der App «Begrabe mich, mein Schatz» von Arte-TV exemplarisch gut gelungen sei. Dies wiederum führte zurück zur Frage, was denn überhaupt ein „Game“ sei. Man könne doch «Begrabe mich, mein Schatz» nicht als „Game“ bezeichnen.

Zum Schluss plädierte Peter Gautschi für ein intensiveres Miteinander von Wirtschaft und Hochschule bei der Gamification und kündigte die Fortsetzung der Diskussion in Public History Weekly an.

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